Muslim(a) und psychisch krank?! Teil 2b

- Definition und Verbreitung

Asalaemualeikum,

ich hoffe, dass es Ihnen gut geht. In Muslim(a) und psychisch krank? Teil 2a - Definition und Verbreitung , stellten wir fest, dass psychische Störungen häufiger sind als von vielen Menschen angenommen. Zwischen 25 - 50 % der Menschen werden mindestens einmal in ihrem Leben an einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung erkranke n. Es wurden auch die Störungen Depression und chronische Darmerkrankungen kurz vorgestellt. Im Folgenden wollen wir uns noch einen Überblick über Sucht / Abhängigkeitserkranungen, so wie Schizophrenie verschaffen. Ausführlichere Artikel zu verschiedenen Störungen sind in sha Allah (so Gott es will) für die Zukunft vorgesehen. 2.) Beispielstörungen: Depression, Chronische Darmerkrankungen, Sucht, Schizophrenie - Fortsetzung Sucht bzw. Abhängigkeitserkrankungen: Von einem Abhängigkeitssyndrom spricht man nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wenn typischerweise ein starker Wunsch besteht, die Substanz einzunehmen, Schwierigkeiten, den Konsum zu kontrollieren, und die Substanz trotz schädlicher Folgen anhaltend eingenommen wird. Dem Substanzgebrauch wird Vorrang vor anderen Aktivitäten und Verpflichtungen gegeben. Es entwickelt sich eine Toleranzerhöhung und manchmal ein körperliches Entzugssyndrom (1). Es gibt substanzgebundene Süchte, wie z.B. Akohol, Medikamenten, Heroin, und substanzungebundene Süchte, z.B. Glücksspiel und Pornografie. Die Suchtmechanismen sind bei beiden Suchtformen sehr ähnlich. Deswegen lässt sich bei einem Alkoholabhängigen genauso wenig sagen, “hör doch einfach auf”, wie bei einem Glücksspielabhängigen. Je nach gewöhnungsgrad und Suchtmittel, z.B. bei Alkohol, kann ein plötzlicher Entzug sogar lebensgefährlich sein und bed arf unbedingt ärztlicher Begleitung. In Deutschland konsumieren 9,5 Millionen Menschen Alkohol in gesundheitlich riskanter Form, etwa 1,8 Millionen Menschen leiden an einer Alkoholabhängigkeit (2). Mindestens 1,5 Millionen Menschen in Deutschland betreiben Medikamentenmissbrauch oder sind von Ihnen abhängig. 80 % davon von Benzodiazepinen. Besonders unsere Elterngeneration ist betroffen. Dabei werden Medikamente in der Regel als Beruhigungsmittel, gegen Ängste, und zur Schlafförderung genutzt. Dies sind ähnliche Gründe, wie man sie häufig bei Alkoholerkrankten findet, u.a. ein Grund, warum häufig Alkohol- und Medikamentenabhängige auf einer Station gemeinsam behandelt werden. Beispielmedika mente sind Tavor, Valium, Rohypnol und Dormicum. Insgesamt weisen gut 500.000 Personen ein problematisches oder sogar pathologisches, also krankhaftes, Glücksspielverhalten auf. Insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund sind davon betroffen. Die Gründe sind vielfältig, und sollen in sha Allah in einem eigenen Artikel näher behandelt werden. Schizophrenie: Menschen, die an einer Schizophrenie erkrankt sind, leiden häufig unter Störungen des Denkens, der Sinneswahrnehmung, der Gefühle, des Selbstgefühls und der Motorik. Zu den Symptomen können Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, wahnhafte Interpretation von normalen Sinneswahrnehmungen, Halluzinationen, dabei besonders akustische wie z.B. jeder kann meine Gedanken hören, oder das Hören von Stimmen, die sonst keiner wahrnimmt, zählen. In Deutschland erkranken etwa 1 % der Bevölkerung, das heisst ca. 800.000 Menschen, mindestens einmal an einer Schizophrenie. (4) Dieses Erleben kann für den Betroffenen und sein Umfeld erschreckend und unerklärlich scheinen. Insbesondere bei tabuisierten Themen wie psychotischen bzw. wahnhaften Symptomen fehlt es an einem offenen Umgang und Wissens- bzw. Erfahrungsaustausches. Dies ist ein Nährboden für Vermutungen und Halbwissen. Leider auch vorkommend unter einigen muslimsichen Geistlichen. Denn in der Tat, der Islam geht von einem Zusammenleben in dieser Welt aus mit Engeln und Dschinns (3), und dass wir Menschen, unter bestimmten Vorraussetzungen EInflüsterungen und Beeinflussungen ausgesetzt sein können. Wenn man sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu möglichen Ursachen anschaut, kann man nur zu einem Ergebniss kommen. Die Häufigkeit wird maßlos überschätzt. Nehmen   wir   z.B.   die   Gene,   als   eine   von   mehreren   möglichen   Ursachen.   Besonders   deutlich zeigt   sich   dies   bei   Zwillingsstudien.   Leidet   bei   eineiigen   Zwillingen   eines   der   genetisch   identischen   Kinder   an   Schizophrenie,   dann trägt    das    andere    ein    Risiko    von    schätzungsweise    45    bis    75    Prozent.    Bei    zweieiigen    Zwillingen,    die    wie    normale    Geschwister miteinander verwandt sind, liegt die Erkrankungswahrscheinlichkeit zwischen 4 und 15 Pro zent (5). Neben den Genen, werden auch Umwelteinflüsse als Gründe für eine Schizophrenieentwicklung herangezogen. Darunter gehören im Grunde alle Bereiche, die starken Stress, emotionale Belastungen und Einfluss auf die Hirnchemie haben. Z.B. ist das Risikos an einer Schizopohrenie zu erkranken um das bis zu 4,8 fache erhöht, wenn man aus dem Ausland zugewandert ist. Und dies abhängig vom Alter der Zuwanderung, aus welchem Land und welche Hautfarbe die Person hat (6). Auf diese und noch mehr Argumente soll in sha Allah in einem extra Artikel eingegangen werden. Hierbei soll keine Wertung der theologischen Arbeiten zu dem Thema Einflüsterungen und Wahnvorstellungen durch Dschinns geschehen. Lediglich soll der Leser darüber aufgeklärt werden, dass aufgrund leider verbreiteter Desinformation, Aberglauben und Unwissenheit seitens Betroffener und nicht umfänglich ausgebildeter Prediger, zum Teil verheerende bis hin zu lebensbedrohliche Fehleinschätzungen getroffen werden. Und das wäre auch zuviel verlangt von einem Prediger, dass er am besten Medizin, Psychologie und Islam studiert haben soll. Denn den Quran auswendig zu können, so lobenswert diese Handlung auch ist, oder islamische Rechtssprechung studiert zu haben, befähigt so sehr zur angemessenen Einschätzung psychischer Gesundheit, wie ein Jurist einen Herzinfarkt behandeln sollte. So sollte ein guter Geistlicher seine Grenzen kennen, genau so, wie ein guter Mediziner oder Psychologe seine Grenzen kennen muss, und an einen anderen Experten weiter vermitteln. Deswegen sind Berichte nicht selten, in denen muslimische Betroffene Unmengen an Geld für Dschinnaustreibungen bezahlen, zum Teil drei mal, vier mal, fünf mal und mehr die Behandlung wiederholen, ohne dass sich der Zustand wirklich verbessert. Schuld in diesem Falle wird dem Betroffenen selber gegeben, er habe sich nicht genug ange strengt. Deswegen möchte ich meine Worte aus meinem ersten Artikel wiederholen. Bei psychischen Leiden und psychosozialen Krisen kann auch ein Imam (7) unterstützen. Neben Beratung bei islamischen Angelegenheiten, kann er Sie auch über Ruqya (8) informieren, sprechen Sie mit ihm die Gründe ab. Sie sollten aber immer auch bei psychischen Leiden eine psychotherapeutische Behandlung in Betracht ziehen. Unabhängig und / oder parallel zu einer Ruqya. Vertrauen auf Allah ist wichtig, richtig. Aber auch wir müssen aktiv sein u nd alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gewissenhaft prüfen und wenn nötig nutzen. Deswegen der eindringliche Appell, wenn Sie sich um Ihre Gesundheit sorgen und gottergeben Verhalten möchten, nutzen Sie alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Dazu kann u.a. gehören: Der Gang zum Arzt / Psychologen, Imam, Sport zu treiben, gesunde Ernährung, und das Aufsuchen von psychosozialen und muslimischen Beratungsstellen. Weitere Informationen folgen im nächsten Teil von Muslim(a) und psychisch krank?! Teil 3 - Verbreitung psychischer Störungen unter Muslimen - In Planung In diesem Sinne, bis bald in sha Allah Ihr Anas El-Amin Loucif -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- (1) Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/kodesuche/onlinefassungen/htmlgm2016/#V (zuletzt geprüft 31.07.2016) (2) Bundesministerium für Gesundheit. http://www.bmg.bund.de/glossarbegriffe/a/alkohol.html (zuletzt geprüft 30.07.2016) (3) Dschinn: Nach islamischen Glauben unsichtbare Wesen, die aus Feuer erschaffen sind, über Verstand verfügen und die Welt bevölkern. "Und die Dschinn schuf Er aus rauchloser Feuerflamme." (Quran, 55:15). Es gibt Muslime und Andersgläubige, wie bei den Menschen, unter den Dschinn. (4) Kompetenznetz-Schizophrenie, http://www.kns.kompetenznetz-schizophrenie.info/?q=node/119 (zuletzt geprüft 31.07.2016) (5) Prof. Dr. med. Thomas Nickl-Jockschat, http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/schizophrenie-wurzeln-des-wahns-a-684035-3.html (zuletzt geprüft 30.07.2016) (6) Dr. M. C. Aichberger, http://neurologie-psychiatrie.universimed.com/artikel/psychose-und-migration-wenn-die-grenzen-zerfallen (zuletzt geprüft 31.07.2016) (7) Imam / Hoca: Verschiedene Bedeutungen u.a.: Vorbeter, Religionsgelehrter, Oberhaupt einer Gemeinde / Moschee. (8) Ruqya: Verschiedene Bedeutungen u.a.: Quranheilung. Zufluchtnahme bei Gott vor einem Übel. Krankheiten mit dem Qur´an und Bittgebeten (aus der Sunna) heilen. Kann nach islamischen Glauben auch genutzt werden, um Besessenheit von einem Dschinn zu behandeln.
“Psychische Störungen sind ganz normal. Ich weiss, ein scheinbarer Widerspruch. Lassen Sie es mich anders formulieren. Psychische Störungen gehören so zu unserem Leben wie Erkältungen, Diabetes, Beinbrüche, Tumore und Inkontinenz. Es kann jeden von uns treffen, viele unserer Mitmenschen, Freunde und Familie sind davon betroffen. Doch im Gegensatz zu Diabetes oder Bluthochdruck, sprechen viele Menschen nur ungern über ihre psychische Störung. Vermutlich ähnlich ungern wie über körperliche Störungen wie Inkontinenz, wovon übrigens alleine in Deutschland etwa 5 bis 8 Millionen Menschen betroffen sind.”
Anas El-Amin Loucif, M.Sc. Psychologe. Beratung - Therapie - Hilfe
islamundpsychologie.de
unterstützt den humanitären Hilfsverein:

Partnerseite
Für neueste Informationen und Vorträge
islamundpsychologie.de
- Gewiss, mit der Erschwernis geht Erleichterung einher.
Mit dem Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen